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Sich verlieren und finden

Noch alle Zeit

von Alexander Häusser

Pendragon Verlag 2019

Noch alle Zeit von Alexander Häusser, Rezension von wandelsinn.de
Da ist Leben drin

 

Was für ein Buch. Zu Beginn hätte ich es nicht für möglich gehalten, wie sehr mich dieses Buch in seinen Bann zieht. Zuerst war ich kritisch, sträubte mich etwas zu lesen darüber, wenn ein Sohn sich nicht von seiner Mutter zu lösen vermag. Ich las weiter und wurde belohnt. Sehr schnell fand ich mich in die Protagonisten ein, fühlte mit ihnen, verstand sie. Und wurde immer neugieriger wie das wohl ausgeht. Und du ahnst dann doch auch vielleicht, dass es vielleicht keine Geschichte wird, die am Ende eine Lösung parat hält. Das ist auch gar nicht wichtig, dachte ich schon während des Lesens. Der Weg der beiden, Edvard und Alva, ist das Entscheidende. Deren Entwicklung. Die zeigt Alexander Häusser so detailliert und wortgewaltig. Es war eine Freude, in diesen Roman abzutauchen, deren Personen auch heute so unterwegs sein könnten. Mit all ihren Problemen und Gedankengängen, in die ich mich gut einfühlen konnte. In Alva, die nicht weiß, ob sie eine gute Mutter ist, die sich zerrissen, verloren fühlt. Sie lebt getrennt inzwischen von dem Vater ihres Kindes. Und weiß nie, ob sie es richtig gemacht hat, was sie tat. Wie ein Roadmovie liest sich diese Geschichte, in der Alva und Edmund mit ihrer beiden so verschiedenen Leben unterwegs sind und sich gegenseitig helfen, sich selbst zu finden.

 

Ist dieser Autor auch lyrisch unterwegs, fragte ich mich immer mal wieder, wenn ich Sätze las wie: Edvard zwinkerte den Reflexen von Licht und Schatten in den Wellen zu, die den bleigrauen Himmel zum Meer trugen. Er stand auf dem Deich, das trübe Licht machte das Ufer flach wie Papier, vollgeschrieben mit Erinnerungen. Im Wind war eine rauschende Leere, Edvard spürte den Sog, der in die Stadt führte, über die Brücke und weiter. Zu Orten, die er nicht kannte.

 

Mir gefällt so etwas, es ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Ich verfalle beim Schreiben ebenfalls öfter mal auch dem prosaischen Bereich der Lyrik. Man muss es mögen. Für mich wurde diese Geschichte jedoch dadurch noch wertvoller. Bis hierher schrieb ich, als ich den Roman noch nicht zu Ende gelesen hatte. - Und nun, da ich auf die letzte Seite schaue, ist die Geschichte rund, so wie das Leben manchmal spielt. Es gibt Wendungen zum Schluss, die man vielleicht ahnen kann, aber nicht wissen. Bis zur letzten Seite sehr lesenswert!

 

Inzwischen weiß ich, Häusser schreibt nicht nur Romane, sondern auch Drehbücher. Außerdem bietet er für Schüler und Lehrer Schreibwerkstätten an. Gegrüßt fühlte ich mich, als der Autor auch diejenigen bedachte, die sich im Schreiben verlieren, suchen und finden. Danke!

©geertjens ©wandelsinn

Geertje Jürgens Wallasch 

Rezension von NOCH ALLE ZEIT, Alexander Häusser
Leseempfehlung!!!

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