Der Titel ist die halbe Miete

 

Das gilt für Zeitungen, die gekauft werden wollen. Aber auch für mich, das Buch. Und das Cover. Wenn das den suchenden Leser anspricht, werde ich zumindest schon einmal in die Hand genommen. Selbst ein Bild des Autors oder der Autorin, das die Leserschaft mit einem sympathischen Lächeln zum Lesen einlädt, kann eine positive Wirkung erzeugen. Dann werden meine Kollegen und ich sogar gelesen, die nicht gelesen werden wollten.

 

 

 

Das hat mir der Herr Nachbar im Regal über mir erzählt. Mir ist er ein treuer Freund geworden. Sein richtiger Platz wäre eigentlich neben mir. Dieser schlanke Kerl hat es in sich. Es müssen nicht immer die Dicken sein, die mit Preisen protzen. Unlängst erzählte er mir, dass eine seiner Leserinnen, die ihn zögerlich aufschlug, immer mehr nervte, weil sie beim Umblättern seiner Seiten dauernd stöhnte, sogar mit Wörtern um sich warf, die er gar nicht gerne hörte. Das passte so überhaupt nicht in sein Genre. Und schließlich war er es selbst, der geworfen wurde. In einer Ecke des Zimmers landete er, und er dachte, nun sei es um ihn geschehen. Wenn auch leicht zerfleddert, landete er jedoch wieder ins Regal, diesmal neben mir. Ich versuchte ihn zu stützen und seine umgeknickten Seiten zu glätten. Er war jedoch untröstlich, aber dankbar, dass er nicht in einer Mülltonne gelandet war.

 

 

 

Nur so rumstehen macht allerdings auch keinen Spaß. Das Geräusch der Blätter, des Blätterns in uns, ist so anheimelnd, Gänsehaut! Wir wollen gestreichelt werden, genutzt werden. Wir wollen gelesen sein. Wir wollen erhellen. Nicht im Dunkeln stehen. Auch wenn wir dadurch nicht mehr so ansehnlich erscheinen, je nachdem wie die Lesenden mit uns umgehen. Das Brechen des Rückens ist fast das Ärgste, was uns passieren kann. Flecken mögen wir jedoch auch nicht. Eselsohren sind Geschmackssache. Notizen sind durchaus erwünscht. Wir haben inspiriert. Zumindest scheinen wir Interesse geweckt zu haben.

 

 

 

Wenn ich die Wahl hätte, zwischen hübsch und ungelesen im Regal zu stehen oder leicht zerschlissen und abgenutzt zu wirken, durch meine unzähligen Textverfolger, würde ich letzteres eindeutig bevorzugen.

 

 

Ich heiße übrigens: „Die Abgründe des verruchten Niederrheins“. Der Titel ist die halbe Miete.

© geertjens

 

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