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Es lag etwas in der Luft

Boeker Mühle, Mecklenburg

Applaus, Applaus

 

Und da erhob sich der Schmetterling und die Flügel bewegten sich sanft und wurden als dezenter Applaus wahrgenommen. Alice wunderte es nicht. Sie freute sich.

 

Der kleine Chor bestand aus Iranern, die geflüchtet waren. Hier her. In dieses Land. Drei Männer und ein kleines Mädchen, das mitsang. Zwei der Männer spielten Gitarre, einer auf dem Keyboard. Die indonesische Pfarrerin sang zusammen mit Sohn und Tochter. Der Vater der beiden brachte ebenfalls eine Gitarre zum Klingen, unterstützte den Chor auch mit seiner Stimme. Einer der Iraner zauberte kleine Soli in dieses Lied: „Ich will dich sehen.“ Inmitten dieses Chors stand die Ortspfarrerin in ihrer Robe, die ebenfalls zu diesem kleinen Ensemble gehörte und mitsang.

 

Den Gottesdienst hatten Jugendliche zusammen mit der Pfarrerin vorbereitet. In diesem schönen, wie immer etwas anderen Jugendgottesdienst, war dieses Lied ein kleiner Höhepunkt. Alice kam es vor wie das Hohe Lied der Liebe.

© geertjens

 

Diese kleine Geschichte entstand nach einem Jugendgottesdienst im Sommer, den unsere Pfarrerin und ich mit unserem Team Jugendgottesdienst vorbereiteten. Es sind Jugendliche(Teamer), zwischen vierzehn und achtzehn Jahren. Zur Zeit überwiegen die Mädchen in diesem Team. Auch unsere indonesische Pfarrerin, die für einige Zeit ihren Dienst in unserer Gemeinde macht, begleitet uns und kommt regelmäßig zu unseren wöchentlichen Dienstagnachmittagstreffen dazu.

 

Applaus ist in unserer Gemeinde normalerweise während eines Gottesdienstes nicht erwünscht. Das soll sich auf das Ende des Gottesdienstes nach der „Ausgangsmusik“ beschränken. Kleine Anmerkung, selbst das gab es früher nicht, wie ich erinnere. Ich begrüßte es jedoch immer, dieses Klatschen nach der Musik zum Schluss.

 

Hier empfand ich diesen musikalischen, diesen schönen wie anderen Gottesdienst, so ergreifend, dass mein Impuls war zu klatschen. Das müssen die Besucher dieses Sonntagsgottesdienstes ähnlich empfunden haben. Wenn auch zögerlich, aber dezent, war offensichtlich ein Applaus nicht zu vermeiden. Ich empfand es als ein gefühltes Muss. Und so war es dann auch. Dieser Schmetterling. Glückseligkeit.

 

Ich erinnerte diese Geschichte, weil ich in unseren Weihnachtsgottesdiensten nochmal ähnliches erlebte. In der Christvesper sang unsere indonesische Pfarrerin ein Solo „Heilige Nacht“. Es war ergreifend. So etwas hatte ich so noch nicht erlebt. Nach dem Lied erstmal Stille, dann Applaus. Auch da empfand ich es als richtig.

 

Und dann am zweiten Weihnachtstag, traditionell findet an diesem Tag schon seit Jahren ein „Mitmachgottesdienst“ statt. Wir laden Menschen ein, die Freude daran haben, gemeinsam zu musizieren. In diesem Jahr war der Platz um den Abendmahlstisch gut gefüllt. Der Enkel des Leiters des Bläserkreises, der die musikalische Leitung auch hier immer übernimmt, spielte ein Stück von Chopin auf dem Flügel. Auch hier „musste“ dieser grandiose Beitrag mit einem Applaus sofort belohnt werden. Und auch der Iraner, über den ich hier schon einmal schrieb, bekam eine kleine Belohnung, indem sich die Hände zu einem Klatschen bewegten. Der Gitarrist brachte wieder seine Gitarre wie auch seine Stimme zum Klingen. Wunderbar.

 

So darf es weitergehen. Wunderbar wandelbar. Es ist herrlich, was fremde Kulturen uns (mit)bringen. Ausstrahlung. Freude. Lebendigkeit. Mir gefällt das!

 Geertje Wallasch

Beobachtungen in Mecklenburg

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