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Wandeln durch Raum und Zeit


5. November-Blogaktion

Da bin ich doch wieder einmal dabei bei der Challenge, der fünften schon vom:

Das Thema der diesjährigen Challenge ist:

Friedhofsspaziergang


Inselfriedhof in Nebel

Erzählende Steine

 

Sie gehören zur Geschichte der Nordseeinsel Amrum. Die Welt der Amrumer Walfänger und Kapitäne und ihrer Familien vor 300 Jahren. Die alten Grabsteine erzählen über Lebenswandel und Schicksale der Inselbewohner im 17./18. Jahrhundert.

 

Die Natur erzählt uns etwas, wenn wir ihr begegnen, mit allen Sinnen sie aufnehmen und aufmerksam werden auf viele kleine Details... Steine gehören für mich dazu. Die, die ich finde, meistens am Strand. Aber auch die Bearbeiteten in der Kunst faszinieren mich sehr, wie auch Grabsteine. Hier auf Amrum ist es nochmal etwas sehr Besonderes!

 

Lange Zeit haben diese steinernen Zeugen der Vergangenheit
auf dem Friedhof des kleinen Friesendorfs Nebel ihr Dasein gefristet.
Stark verwittert, beschädigt und kaum noch lesbar drohten sie
zu zerfallen.

 

Mit großen Engagement haben es Mitglieder der Amrumer
Kirchengemeinde St. Clemens geschafft, diese kunstvoll
gestalteten historischen Gedenksteine zu retten. Sie stehen
nun auf einem eigenen Areal im Schutz der St. Clemenskirche
und sind für jeden zugänglich.

Das ist nun seit einigen Jahren so. Immer wieder, wenn ich auf "meiner" Nordseeinsel bin, führt mich mein Weg auf diesen Friedhof, der mitten im Dorf liegt. Und auch das ist etwas eher Ungewöhnliches. Inzwischen liegen die Friedhöfe, jedenfalls in den westlichen Metropolen oft am Rand der Städte. Und ein Suchen und Auffinden ist erforderlich. Hier in Nebel gehören die Toten zum Leben mittendrin. So empfinde ich es.

Die Erzählenden Steine von Amrum
Hat die Witterung den Nimbus bereits geschluckt? Oder war nie einer vorhanden?

Als "Agnus dei" wird dem Schaf als gemeine Figur ein Heiligenschein oder Nimbus um den Kopf gelegt. Es wird so zum Wappentier mit religiöser Aussage. Mit nach linksgewandtem Kopf und mit einem Vorderbein eine Fahne haltend ist es als Gotteslamm in Wappen dargestellt.

Amrumer Friedhof
Aus Süddorf in Norddorf geboren.

Anna Tückes war die Tochter von Kerrin und Harck Knudten.
Ihr Ehemann war der Schiffer Tücke Knudten, ein Sohn des Grönland-Commandeur Knudt Jürgens aus Süddorf. Zwei Söhne des Ehepaares, der im Jahr 1744 geborene Knudt und der im Jahr 1747 geborene Knudt jun. heirateten Töchter von Harck Olufs.

Da fühle ich mich doch nochmal verbunden: Ich bin geboren als Geertje Jürgens.

Friedhof auf Amrum
Hier ruhen die Gebeine von Seel Antje Harken aus Südseitedorff...
Grabstein auf Amrum
Mein Leser hier ruhet der Seel Schiffer Oluf Jensen...

 

Oluf Jensen wurde am 8.9.1672 in Süddorf als Sohn von Jens Nickelsen und seiner Frau Crassen geboren. 1705 heiratete er Marret Harcken, Tochter des Ratsmannes Harck Rörden, die ihm zwei Söhne gebar, Peter Olufs und Harck Olufs. Marret starb 1708. Fünf Jahre später heiratete er Marret Jürgens. Und noch 'ne Jürgens. Tochter Marret wurde später die Frau von Harck Nickelsen.
Oluf Jensen besaß zusammen mit Ricklef Flor ein eigenes Schiff, die „Hoffnung“. Auf der Fahrt von Nantes nach Hamburg wurde es 1724 bei den Scilly-Inseln von Piraten gekapert. Die Mannschaft, darunter auch Sohn Harck Olufs und Neffe Harck Nickelsen, wurde auf dem Markt in Algier als Sklaven verkauft. Für Oluf Jensen war dies ein großer Verlust. Ständig hielt er Ausschau nach der Heimkehr der Gefangenen. Während weder die Dänische noch die Deutsche Seekasse zahlen wollten, lieh er sich 1734 Geld auf Föhr, um seinen Sohn freizukaufen. Durch eine Verwechselung jedoch erhielt versehntlich ein Bremer Seemann die Freiheit. Zwei Jahre später durfte er die Rückkehr seines Sohnes Harck miterleben, der von seinem Herrn, dem Bey von Constantine, freigelassen worden war. Oluf Jensen starb am 19.5.1750.

Bewahren wir sie weiter in unseren Herzen, die Gewesenen, die die Weltmeere durchkreuzten.

Amrumer Strand
Lichtblicke auf Amrum

In der jüdischen Tradition heißt es, dass ein Mensch zwei Mal stirbt. Das erste Mal, wenn das Herz aufhört zu schlagen und die Synapsen im Gehirn erlöschen wie das Licht in einer Stadt, in der der Strom ausfällt. Das zweite Mal, wenn der Name des Toten zum letzten Mal gesagt, gelesen oder gedacht wird. Erst dann ist der Mensch ganz verschwunden aus dem irdischen Leben.

Ich würde mir wünschen, einen Totenkult zu leben. Mehr, als wir das heutzutage tun. Wäre es nicht ein Mehr für uns noch Lebenden?

Zur Abendstunde
Zur Abendstunde

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Kommentare: 3
  • #1

    Petra (Freitag, 22 November 2019 12:19)

    Liebe Geertje,

    ach wie schön ... ein Friedhofsspaziergang aus Amrum ... zunächst dachte ich im "Nebel" aber nein du warst in dem Ort "Nebel" :-).

    Danke für die schönen Eindrücke und Erzählungen.
    Herzlicher Gruß. Petra

  • #2

    Martina Fuchs (Freitag, 22 November 2019 16:28)

    Danke, Geertje, das war ein schöner Spaziergang . Deine Frage zu einer anderen Totenkultur ist genau die richtige...
    Herzliche Grüße, vom "Tor zur Rhoen", aus Fulda
    Martina

  • #3

    Annegret (Donnerstag, 28 November 2019 10:20)

    Was für Geschichten, Geertje! Die Steine erzählen-und du! Danke!
    Viele Grüße
    Annegret